Unsere Stellungnahme zur Bildung der Heidelberg Mannheim Health and Life Science Alliance.
Hier als Dokument: Stellungnahme der Fachschaft Medizin Mannheim zur Bildung der Heidelberg Mannheim Health and Life Science Alliance.
Und im folgenden als Fließtext:
Am 9. Oktober stellten die beiden Universitätskliniken Mannheim und Heidelberg gemeinsam mit den medizinischen Fakultäten Mannheim und Heidelberg ein Konzept zur Fusion der Universitätsklinika und im Verlauf der beiden medizinischen Fakultäten der Universität Heidelberg vor. Dies soll die Bildung eines international sichtbaren medizinischen Forschungscampus in der Rhein-Neckar-Region ermöglichen. Als Fachschaft Medizin Mannheim vertreten wir die fast 2.000 Studierenden der Medizinischen Fakultät Mannheim, die von dieser Entwicklung maßgeblich betroffen sein werden.
Die Medizinische Fakultät Mannheim zeichnet sich aktuell durch die kurzen Wege und die gute Erreichbarkeit der verantwortlichen Personen aus. Vor allem das Dekanat ist durch seine räumliche Nähe schnell für die Studierenden zu erreichen. Dies vereinfacht die Umsetzung studentischer Projekte wie z.B. das Studierendenzentrum PRISMA. Auch der Austausch mit den Lehrenden ist in dieser Konstellation schnell und komplikationslos möglich, was die rasche Umsetzung innovativer Prozesse in der Lehre zeigt. In diesem Rahmen können studentische Interessen sowie Initiativen auf dem Campus optimal unterstützt werden.
Der hohe Stellenwert der Lehre ist eine weitere Stärke der Medizinischen Fakultät Mannheim. Vor allem mit der Einführung innovativer Projekte, wie dem Leistungsnachweis “wissenschaftliches Arbeiten” sowie der Quartalisierung des Praktischen Jahres, die beide in der neuen Approbationsordnung Platz finden, hat Mannheim seine Innovationskraft unter Beweis gestellt. Gleichzeitig geht Mannheim neue Wege in der interprofessionellen Lehre mit der einzigen curricular verpflichtenden interprofessionellen Ausbildungsstation MIA.
Trotz der insgesamt sehr guten Ausbildungssituation gibt es aus Sicht der Studierenden in einigen Punkten Verbesserungspotenzial. Einen Negativpunkt der aktuellen Studiensituation stellt beispielsweise die Infrastruktur des Campus der Medizinischen Fakultät Mannheim dar. Die über Jahre gewachsene Struktur bietet eine geringe Aufenthaltsqualität und verringert so die Studienzufriedenheit. In den letzten Jahren wurden bereits Fortschritte mit der Einrichtung des Studierendenzentrums PRISMA erzielt und eine langfristige Planung zur Weiterentwicklung des Campus wurde entworfen. Trotzdem bleibt der Ausbau eines lebenswerten Campus ein zentrales Thema der Studierenden.
Die Anbindung an die Institutionen und Gremien der Universität Heidelberg gestaltet sich aufgrund der räumlichen Trennung schwierig.
Dies kann nur zum Teil durch die Unterstützung der Fakultät abgefangen werden. In den vergangenen Jahren wurden hier Fortschritte erzielt, eine angemessene Repräsentation der Mannheimer Interessen an der Universität Heidelberg und beispielsweise dem Studierendenwerk Heidelberg gestaltet sich allerdings nach wie vor unbefriedigend.
In der Lehre zeigen sich am ehesten strukturelle Probleme im klinischen Studienabschnitt. So führen die finanziellen Probleme des Klinikums zu mittelbaren Einschränkungen in der Lehre. Vor allem die in den letzten Jahren geringe Patientenzahl, die für den praktischen Patientenunterricht zur Verfügung steht sowie die hohe Arbeitsbelastung der Lehrenden in der Patientenversorgung führen zu Einschränkungen der klinischen Ausbildung.
Durch die Fusion der medizinischen Fakultäten entwickeln sich für die Studierenden gute Bedingungen für eine wissenschaftlich fundierte Aus- und Weiterbildung. Vor allem die Möglichkeit, sich während des Studiums in jedem Fachbereich auf höchstem wissenschaftlichem Niveau zu betätigen, birgt großes Potenzial zur Rekrutierung von exzellenten Studienbewerber*innen. Der avisierte Aufwuchs des Mannheimer Campus kann auch die Lehre fördern. Mehr Personal, das in Forschung und Lehre aktiv und engagiert ist, birgt das Potenzial für neue Innovationen im Medizinstudium. Hier können auch die beiden Studiengänge durch gegenseitiges Feedback und Pilotierung von innovativen Lehrprojekten profitieren.
Vom Zusammenschluss der beiden Universitätsklinika mit der Vision des langfristigen Ausbaus der Bettenzahl sowie die langfristige Finanzierung des Klinikumsstandorts Mannheim durch das Land Baden-Württemberg versprechen wir uns eine Verbesserung der klinischen Infrastruktur und der Abläufe im klinischen Alltag. Gleichzeitig gehen wir davon aus und halten es für zwingend, dass durch die langfristige Planung mit dem Standort Mannheim die geplanten Bauprojekte der Fakultät und des Klinikums mit Hochdruck weiterentwickelt und umgesetzt werden.
Für die Studierenden der Medizinischen Fakultät Mannheim birgt der Fusionsprozess vor allem Risiken bezüglich der studentischen Mitsprache. Durch die Fusion von Kliniken und Fakultäten werden die Entscheidungsgremien beider Institutionen in Heidelberg angesiedelt sein. Die Verlagerung dieser, bedeutet eine deutliche Erschwernis der studentischen Mitsprache und eine potenzielle Verzögerung wichtiger Entscheidungen oder Projekte.
Es wird zwangsläufig zu Anpassungen und Annäherungen der beiden Studiengänge kommen. Wenn hier nicht von Anfang an klare langfristige Strategien entwickelt und umgesetzt werden, kann dies aufgrund der Unklarheiten über den Studienverlauf zu einem Attraktivitätsverlust bei den Studienbewerber*innen führen. Insbesondere die Option einige Teile des Medizinstudium nur an einem der beiden Studienorte anzubieten oder eine Verteilung der Studierenden auf zwei Standorte nach zentraler Zulassung an der Universität Heidelberg wäre eine untragbare Lösung.
Die Bildung des Spitzenclusters Medizin und das daraus resultierende Potenzial eine international führende Forschungsregion für Medizin und Lebenswissenschaften zu werden, kann zu einer Vernachlässigung der Lehre führen. Die Forschung darf nicht auf Kosten der Lehre ausgebaut werden. Beides ist in dem Prozess gleichwertig zu bedenken. Bei der Fusion der beiden Kliniken kann es ebenso wie in der Lehre zu der Entscheidung kommen, bestimmte klinische Fachgebiete nur an einem der beiden Standorte anzubieten. Sollte hierdurch die Breite der Lehre gefährdet werden, müssen strukturell-ökonomische Argumente hinter der Qualität der Lehre zurückstehen. Es muss an beiden Standorten ein vollumfängliches qualitativ hochwertiges Medizinstudium angeboten werden.
In dem Fusionsprozess muss frühzeitig eine langfristige Lösung zur Sicherung der Mitsprache der Mannheimer Studierenden gefunden und fixiert werden. Hierfür müssen die Mannheimer Studierenden frühzeitig an der Entwicklung der Governance und vor allem der Repräsentationsmöglichkeiten in den zukünftigen Gremien beteiligt werden.
Für die Lehre muss frühzeitig ein Masterplan entworfen werden, der die strategische Ausrichtung der Lehre bis zur und über die Fusion hinaus beinhaltet. Es muss frühzeitig eine langfristige Planung zur Sicherung der Ausbildungsqualität entworfen werden. Die Lehre hat hier den gleichen Stellenwert, wie die strategische Weiterentwicklung der Forschung.
Wir erwarten, dass die Bauprojekte von Klinikum und Fakultät wie geplant weiter verfolgt werden, um eine frühestmögliche Erhöhung der Aufenthaltsqualität auf dem Mannheimer Campus zu ermöglichen.